
„Good At“ ist eine Recruiting- & Freelance-Plattform, spezialisiert auf Werbung, Marketing und Design. Ein „One-Stop-Shop“ für Personalberatung und Headhunting, Freelance-(Auftrags-)Vermittlung und Inspiration in Form eines Magazins. Patrik Sünwoldt ist der Gründer und Kopf des Unternehmens und verfolgt das Ziel, Menschen und Unternehmen dabei zu unterstützen, ihr Potenzial zu entfalten. Wir hatten die Freude, mit ihm zum Thema „Crossroads“ zu sprechen.
1. Patrik, mit Good At (good.at) hast du eine Plattform geschaffen, die als verbindendes Element zwischen Auftraggeber:innen und Auftragnehmer:innen, zwischen Bedarf und Nachfrage agiert. Wie entstand die Idee zu diesem Projekt, und was war dein Antrieb, dich damit selbstständig zu machen?
Ich war schon immer sehr freiheitsliebend und hatte mein ganzes Leben lang den Wunsch nach einer eigenen Firma im Hinterkopf. In das ganze Recruiting-Thema bin ich eher zufällig reingerutscht – ich bin eigentlich Art/Creative Director und habe lange in der Werbung gearbeitet. Irgendwann wollte ich dann wieder freelancen und saß bei einer Personalberatung für Kreative. Die damalige Geschäftsführerin fragte mich, ob ich sie nicht nebenher unterstützen wolle in der Personalberatung – sie glaubte, ich könnte das ganz gut. Und sie hatte recht. 😉
Mir hat das von Anfang an großen Spaß gemacht, und dann habe ich einfach Schritt für Schritt Dinge getan, die ich mir selbst als Nachwuchs-Kreativer gewünscht hätte. Diese Gespräche auf Augenhöhe mit jemandem, der den Job schon lange macht. Oder auch aus Kundensicht: In jeder Agentur hat man seine zehn Lieblings-Freelancer:innen auf der Excel-Liste, und wenn da keiner oder keine Zeit hat, geht das große Herumfragen los. Daraus entstand z. B. die Idee für die Freelance-Plattform: Wir haben einfach alle Excel-Listen aller Agenturen verschmolzen, und jetzt kann man aus einem Pool von über 500 Spezialist:innen schöpfen – verteilt über ganz Österreich. Gleichzeitig wollte ich die „Bubbles“ Graz, Wien, Linz und Salzburg stärker vernetzen, denn überall gibt es einerseits super Leute und andererseits Bedarf – aber relativ wenig Querverbindungen.
2. Du bist ja quasi ein „Trüffelschwein“, wenn es darum geht, das Potenzial in Menschen zu entdecken und sie dann mit den richtigen Leuten zusammenzuführen bzw. an die richtigen Positionen zu bringen. Was führt dich bei der „Potenzialsuche“ auf die richtige Spur?
Das ist ehrlich gesagt vor allem Intuition – eine Mischung aus Gefühl und Erfahrung. Gerade wir Kreativen brauchen oft nicht viel – einfach mal hören, dass etwas gut ist, hier noch ein bisschen nachschärfen, da mehr den Fokus drauflegen – und meistens reicht das schon. Für uns alle sind diese Art von Gespräch aber selten: Im Privaten fehlt meistens die Expertise, und im beruflichen Kontext leider oft die Zeit oder manchmal auch das Wohlwollen.
Vor allem ab einem bestimmten beruflichen Level ist dieser neutrale und zugewandt gespiegelte Austausch sehr selten. Und genau das bieten wir fachbereichsspezifisch an. Ulrich macht das Gleiche, was ich tue, auf seine Art mit den Berater:innen und Projektmanager:innen, Julia mit dem Marketing-Bereich und Renée mit den Designer:innen. Die Feedbacks, die wir bekommen, sind wirklich schön, und ich persönlich bin sehr dankbar, nochmal etwas gefunden zu haben, das mir fast genauso viel Spaß macht wie kreativ zu Arbeiten. Obwohl das nicht fehlt, diese Marke und die Produkte ständig weiterzuentwickeln…da kann ich mich unendlich austoben und da bin ich auch mit ganzem Herzen dabei. Da kommt auch noch einiges! 😉
3. Eine deiner Thesen ist, dass in einer Welt, in der das Außen in ständiger Veränderung ist, der Halt von innen kommen muss. Das klingt schlüssig, aber herausfordernd. Hast du Erfahrungswerte, wie man an diesen Punkt gelangen kann?
Ja, das ist mir zum ersten Mal so richtig im ersten Lockdown bewusst geworden, als sich von heute auf morgen alles verändert hat. Die Welt stand Kopf, man war sehr auf sich zurückgeworfen, fand ich. Seitdem sind wir alle mehr und mehr in die Reflexion gedrängt worden. Was soll das alles? Was sind unsere Werte? Was will ich persönlich eigentlich? Allerdings ist die Frage „Wofür brenne ich?“ für viele oft eher lähmend. Die Frage „Was kann ich gut?“ (deswegen heißt die Firma auch „Good At“. Dass die URL www.good.at noch frei war, ist natürlich die Kirsche auf der Torte 🙂 Also die Frage nach dem, was man gut kann, ist ein bisschen niederschwelliger – und das ist der erste Schritt dazu, den Blick immer wieder nach innen zu richten. Ein guter Einstieg in so einen Prozess.
Viktor Frankl sagt: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ Es geht darum, langsam zu lernen, dass der Auslöser nicht unbedingt mit dem Ausgelösten zusammenhängt. All das macht unabhängiger von dem, was um einen herum passiert. Zwei schöne Buchtipps dazu sind New Work Needs Inner Work von Joana Breidenbach (aus einer systemischen Unternehmensperspektive) und das Buch The Creative Act - A Way Of Being von Rick Rubin.
Ich habe diesen Weg der Reflexion dann irgendwann eingeschlagen, und je mehr ich mir und meinen inneren Bildern vertraut habe, desto einfacher ist Good At entstanden. Am Anfang war es wirklich ein Kampf mit viel Lehrgeld (auch im wörtlichen Sinne), weil ich mir und meinen inneren Bildern eben nicht genug vertraut habe.
4. KI – das Schreckgespenst und gleichzeitig Hoffnungsträger der Kreativwirtschaft. Welches Potenzial siehst du in der technologischen Entwicklung für die Kreativschaffenden?
Grundsätzlich darf man nie vergessen, dass es dabei um unglaublich viel Geld geht (das schon investiert wurde und weiterhin wird) – und dadurch KI irrsinnig gehyped wird. Der Name ist ja auch irreführend – es ist weder künstlich noch intelligent. Nichtsdestotrotz ist es eine sehr potente Software, die sich sprunghaft weiterentwickelt und Menschen, die fachlich wissen, was sie tun, sehr viel effizienter und schneller machen kann. Oder das teilweise schon tut. Unsere Joblandschaft wird sich sehr verändern (sehr zu empfehlen dazu, der The Future of Jobs Report 2025 vom World Economic Forum: https://www.weforum.org/publications/the-future-of-jobs-report-2025/
Wenn KI uns Kreative von den nervigen, kleinteiligen Arbeiten „befreit“ (z. B. Formadaption für Social Media etc.) und uns wieder Zeit für Ideen, Konzepte und wirkliche Markenarbeit gibt: sehr gerne! Die nächsten 2 Jahre werden wir wahrscheinlich ziemlich überschwemmt werden mit KI generierten Content…und alles wird mehr oder weniger gleich aussehen irgendwann. Dann wird es vielleicht eine Reminiszenz des Brandings geben, einzigartige Bildsprache, individuell und wirklich aus der Marke kommend…aber who knows, wir werden sehen. Was aber noch viel wichtiger in diesem Prozess ist: Kreative müssen endlich anfangen, den Wert ihres Talents zu erkennen. Dieser ist nämlich immens und zählt zu den vier wichtigsten Skills für die Zukunft: Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken. Gerade die kreative Fähigkeit, immer wieder neu und anders auf ein Problem zuzugehen, Aussagen zu verdichten und in Worte oder Bildsprache zu fassen – das können nicht viele. Auch auf andere Bereiche angewendet, außerhalb des Marketings.
Aber „wir“ denken oft: „Das kann doch jeder.“ Das stimmt aber nicht. Normal für dich ist besonders für andere! Auch hier wieder: Bewusstmachung der eigenen Stärken – sehr wichtig für das, was da auf uns zukommt, um den Bogen zu deiner Frage vorher zu schlagen 😉
5. In deinen Mentorings triffst du auf viele Menschen, die an Wegkreuzungen in ihren beruflichen Laufbahnen stehen. Hast du Tipps für die Entscheidungsfindung an diesen Gabelungspunkten?
Ich finde und fand die Frage immer gut: „Wie will ich leben?“ – nicht „Was will ich machen?“ Daraus entstehen ganz andere Zugänge und öffnen sich völlig neue Räume.
Eine schöne Methode ist eine persönliche Abwandlung des Ikigai-Prinzips (gerne mal googeln, falls unbekannt). Dabei malt man sich 3 „Potenzial-Bubbles“ auf und sucht in den Schnittmengen aus „Was kann ich gut?“, „Was liebe ich thematisch?“ und „Was interessiert mich?“
Ein Beispiel: Ein Freund von mir ist Arzt und war im Burnout. Er wollte und konnte nicht mehr zurück in die Klinik. Dann haben wir diese Übung mal gemacht. Seine Skills? Medizin. Seine Leidenschaften? Fußball. Und er wollte gerne mit Kindern arbeiten. Heute ist er im Reha-Team eines Fußballvereins und trainiert zusätzlich die F-Jugendmannschaft dort– und ist sehr happy! Solche Kombinationen hätte man vorher vielleicht nicht direkt gesehen. Aber genau das finde ich so inspirierend.